Medienkompetenz beginnt mit Medienabstinenz: Ab wann sind digitale Medien hilfreich für das Lernen?

Session 1 (Friday) (Fri, 2022-10-07, 10:00-12:15)
  • Speakers: Christoph Möller
  • Language: German
  • Abstract: „Spielen macht klug“ titelt der Spiegel im Januar 2014. „Das freie kindliche Spiel ist ein wesentliches Moment in der kognitiven und seelischen Entwicklung von Kindern“. Schon im Titelbild verweist das Magazin aber auf das Spielen am Computer. Auch am Computer lernt das Kind und es kommt zur Ausdifferenzierung entsprechender Hirnregionen. Die Frage ist nur, ob das frühe Spielen am Computer förderlich ist für spätere Lern- und Lebenskompetenz. In den letzten zwei Jahren wurde das digitale Lernen vielfach als alternativlos dargestellt. Früher und langanhaltender Bildschirmmedienkonsum korreliert mit schlechteren Schulleistungen, Übergewicht, Aufmerksamkeitsschwierigkeiten und anderen Negativwirkungen auf die kindliche Entwicklung. Vor allem kleine Kinder brauchen umfassende basale Sinneseindrücke und nicht überwiegend visuelle und akustische Reize, wie sie Bildschirmmedien bieten. Eine Voraussetzung zur räumlichen Orientierung ist das Sich zurechtfinden im dreidimensionalen Raum. Je intensiver ich mich mit einem Sachverhalt auseinandersetze, je mehr Sinneskanäle angesprochen werden, desto tiefer sind das Verständnis und die Verankerung im Gedächtnis. Der Computer nimmt uns geistige Tätigkeit ab, dies ist aber für das kindliche Lernen nicht förderlich. Je jünger das Kind, desto wichtiger ist die Beziehung für das Lernen. Antoine de Saint-Exupéry soll gesagt haben: „willst Du, dass die Menschen Schiffe bauen, lehre sie die Sehnsucht nach dem Meer“. Schiffsbauanleitungen, Materialbestellungen finden sich im Netz. Doch das bloße Vorhandensein macht noch keinen zu einem begeisterten und guten Schiffsbauer. Wenn ich weiß, was ich suche und das Gefundene einer kritischen Beurteilung unterziehen kann, ist das Internet genial. Diese Voraussetzungen müssen aber in der Schule gelegt werden. Soziale Beziehungen werden nach wie vor im realen Miteinander zwischen Menschen erlernt und können später in sozialen Netzwerken erweitert werden. Hier setzt sinnvolles Medienkompetenztraining an, mit den Schülern kritisch über die Preisgabe privater Daten im Netz zu sprechen, die Glaubwürdigkeit von Kontaktangeboten zu hinterfragen und eine kritische Diskussion darüber zu führen, was ich im Netz poste und was ich doch in der vis-à-vis Kommunikation mitteile. Und es muss gelernt werden zwischen Fake und Truth im Netz zu unterscheiden Medienpädagogik, die Kinder möglichst früh in die technische Handhabung der heute modernen Geräte heranführt, bereitet nicht auf die Technik in 15 oder 20 Jahren vor. Eine Pädagogik, die Kinder für das reale Leben begeistert, die Lebenskompetenz fördert, ist eine gute Prävention für einen späteren selbst bestimmten Umgang mit den genialen Möglichkeiten der heutigen Technik im Bereich der Kommunikation, des Wissenserwerbs und auch neuer Formen des Spielens.
  • Location:

    Neuer Senatssaal

    University of Cologne

    Albertus-Magnus-Platz

    50923 Cologne